
Landtag NRW beschließt Aufarbeitung
Der Landtag in Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, die Geschehnisse in den Verschickungsheimen aufzuarbeiten und Betroffene dabei einzubinden. Dazu soll unter anderem ein Runder Tisch ins Leben gerufen werden, an dem neben Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft auch ehemalige Verschickungskinder mitarbeiten sollen.
Der beschlossene Antrag von CDU, SPD, FDP und Grünen sieht außerdem vor, dass das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Gelder zur Verfügung stellen soll, etwa um Betroffenenstrukturen finanziell zu fördern. Auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschehnisse in den Heimen soll zeitnah begonnen werden, etwa in Kooperation mit Universitäten.
Verschickungskinder bewerten Beschluss positiv
Detlef Lichtrauter, Koordinator des Arbeitskreises Verschickungskinder NRW, bewertet den Beschluss positiv. „Das ist ein deutliches Signal und geht weit über die bloße Anerkennung des Leids hinaus, das viele Verschickungskinder erfahren mussten“. Wichtig sei nicht nur die finanzielle Förderung, sondern vor allem auch die Einrichtung des Runden Tisches, an dem Betroffene mitarbeiten sollen. „Es ist entscheidend, dass wir mit am Tisch sitzen“, so Lichtrauter. Er sei optimistisch, dass die Beschlüsse des Landtages zeitnah umgesetzt würden.
Zuständigkeiten im Bund nicht geklärt
Auf Bundesebene hingegen stockt die Aufarbeitung. Zwar hatten die Bundesländer den Bund schon vor anderthalb Jahren aufgefordert, eine bundesweite Aufklärung gemeinsam mit den Betroffenen anzustoßen. Doch einem Bericht von REPORT MAINZ zufolge haben die drei zuständigen Bundesministerien bis heute noch nicht geklärt, welches von ihnen federführend für die Aufarbeitung zuständig ist. Das obliege der künftigen Bundesregierung, teilten die drei Ministerien auf Anfrage von REPORT MAINZ übereinstimmend mit.
Verschickungskuren waren Wirtschaftszweig
Von den 50er- bis in die 1990er-Jahre wurden acht bis zwölf Millionen Kinder in Erholungskuren geschickt. Das war ein regelrechter Wirtschaftszweig, an dem unter anderem Krankenkassen, Gesundheitsämter und Jugendfürsorge beteiligt waren. Inzwischen gibt es unzählige Berichte darüber, dass Kinder während der Kuren systematisch gedemütigt und misshandelt wurden. REPORT MAINZ hat mehrfach darüber berichtet.
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