
Nachruf
Die ‚Tanten‘
++++++++++++++++++++++++
Das Leben wird dir noch
Flötentöne beibringen …
deinen Hochmut werden wir noch
in die Knie zwingen …
das Lachen wird dir
noch vergehen …
du wirst dich noch bescheiden
und danke sagen lernen …
Aber ich klettre über sie hinweg,
schwing mich in den Himmel
und werfe weiße Nelken
auf sie hinunter
Helga Überall
in: Den Arm voller Blumen für euch. Gedichte. 1994. Brigitte, S.86
*********
„Wir werden später jung als unsere Väter.
Und das, was früher war, fällt uns zur Last.
Wir sind die kleinen Erben großer Übeltäter.
Sie luden uns bei ihrer Schuld zu Gast.
Erich Kästner
Elegie mit Ei. In: Herz auf Taille, 1928, Weller
*********
Aufgrund der Verschickung hatte ich mit tiefer Verlassenheitsangst, chronischer Krankheit und einigen Spätfolgen zu kämpfen. Daraus entstandene Wut und Trauer zu bearbeiten, kostete mich enorme Zeit und Kraft. Die Bilanz folgender Worte, geschrieben über Erich Kästner, entspricht zutiefst auch meiner:
„Die Erkenntnis, dass die verlorene Zeit, die verlorene Kraft, der verlorene Mut nicht zu ersetzen sind, schmerzt. Die Nazis (…) haben ihm seine Lebensmitte genommen und damit unwiederbringliche Jahre der schöpferischen Reife, in denen sich seine Möglichkeiten hätten erfüllen können.“
Klaus Kordon
In: Die Zeit ist kaputt, 1998, Beltz&Gelberg, S.278
*********
Aufrufe: 1848