Verschickungserlebnisse
Auf dieser Seite schreiben Mitmenschen ihre traumatischen Verschickungserlebnisse, die sie als Kind in Kinderkurheimen erlebt haben.
Diese Berichte dienen in erster Linie dazu das wir alle zusammen ein Zeitdokument erschaffen, das die Grausamkeiten und Misshandlungen von damals dokumentiert.
Durch die geschilderten Erlebnisse und der Preisgabe an die Öffentlichkeit wollen wir einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit gewinnen und unsere Schilderungen können nicht als “Einzelfall” dargestellt werden!
Die hier geschilderten Erlebnisse können auf Wunsch auch anonymisiert werden. D.h. ihr müsst keinen Realnamen preisgeben!
Eure Daten werden keinesfalls an Dritte ausgegeben!!! Sollte jemand mit euch Kontakt aufnehmen wollen, fragen wir bei euch zuerst an und geben die Kontaktdaten nur an euch weiter. Somit könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr Kontakt aufnehmen wollt oder nicht.
Zum Frühstück gab es ein mit Marmelade belegtes Brot und 3 (!!!) Teller Haferflockensuppe oder Makkaroni in Milch. Mittags gab es einen Teller Suppe und 3 Teller mit Hauptspeise (Gulasch mit Nudeln o. ä.). Danach war Mittagsruhe für 2 Stunden. Anschließend gab es eine Tasse Kakao und ein Milchbrötchen. Abends dann wieder einen Teller Suppe und 3 (!!!) Teller mit dem Hauptgericht. Wer nicht alles aufgegessen hatte, der wurde ind Bett geschickt damit bestraft, dass er z. B. am Kasperletheater nicht teilnehmen durfte. Ich war damals in der "Staren"-Gruppe und musste miterleben, dass Kinder die Mahlzeiten in den Teller erbrochen haben und vor lauter Angst vor Bestrafung das Erbrochene aufgegessen haben.
Ich war damals in der "Staren"-Gruppe und wir hatten eine sehr liebe "Gruppentante". Während der Mittagsruhezeit hat aber oft ihre Schwester Ulrike die Aufsíchtsrunde gedreht, die nachgeguckt hat, ob wir auch alle brav schlafen, Wurde jemand mit offenen Augen entdeckt oder hat den Eindruck erweckt nicht tief zu schlafen, wurde er von den Privilegien der fest schlafenden Kinder ausgeschlossen und dazu gab es auch noch eine Ohrfeige,
Wir mussten auch in der Strandhalle splitterfasernackt um im Kreis aufgestellte Höhensonnen mit schädlichen UV-Strahlen herum tanzen. Ausnahmen gab es keine.
Nur meiner sehr lieben "Gruppentante" habe ich es zu verdanken, dass ich Amrum auch etwas Gutes abgewinnen konnte. Sie hatte uns auch ohne Zwangsmaßnahmen immer im Griff.
Was in diesem Kinderheim wirklich nicht in Ordnung war: Einmal die Woche mußten wir uns splitterfasernackt ausziehen und wurden immer in Vierergruppen in ein Zimmer geführt, wo an einem langen Tisch das Heimleiterehepaar saß, Herr und Frau Köhlbrandt, daneben ein "Arzt" sowie seine Ehefrau. Diese betrachteten uns, sprachen zu jedem Kind ein paar nette Worte, "begutachteten" den Kurerfolg, dann mußte man sich umdrehen und wurde noch von hinten angeschaut und schließlich ging es im Gänsemarsch wieder raus, wo sich die nächsten vier Kinder bereitmachten. Meine Schwester, die in einer anderen Gruppe war, sagte mir neulich, ja, das fand sie auch nicht angenehm. Nicht angenehm? Ich würde sagen, sowas wäre heute ein absolutes Unding. Aber es war damals einfach nicht üblich, daß Menschen sich wehrten. Wir Kinder wurden ja jede Woche gewogen, daran hätte man den Kurerfolg auch ablesen können.Traumen haben wir damals wohl nicht erlitten, aber im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in St. Peter Ording muß ich doch immer wieder daran denken, wie unwohl ich mich bei dieser wöchentlichen Vorführung fühlte.
Meine Mutter berichtet, dass ich meine Sachen im A4 Format zusammengelegt habe, als ich wieder kam. Und dass man ihr geschrieben hatte, ich wäre fast die ganze Zeit auf der Krankenstation gewesen.
Mit 21 Jahren, als ich alleine in eine andere Stadt umziehen wollte, bin ich schwer mit einer Panikstörung und Depression erkrankt. Bis heute habe ich immer wieder Schwierigkeiten in Stress- und Veränderungssituationen und habe zum Beispiel Krankheitsausbrüche durch Reisen. Im Lauf einer Therapie habe ich innerlichen Kontakt zu diesem dunklen Fleck meiner Kindheit aufgenommen und mein Bauch sagt mir, dass diese frühe Verschickung der Kern meiner Erkrankung und meiner inneren Haltlosigkeit sein muss. Ich habe gelesen, dass bis zu 60% der Verschickungskinder ähnliche Erkrankungsbilder aufweisen, was mich sehr getroffen hat.
Ich freu mich, wenn sich hier noch andere ehemalige Kurkinder aus diesem Heim und dieser Zeit melden würden, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Die Kur war in den Sommerferien, deshalb waren auch Aushilfskräfte als Erzieherinnen tätig.
Manche Erzieherinnen waren freundlich, andere sehr streng. Man wußte nie, woran man war.
Allgemeine Drohungen waren z.B. „Wenn … dann wirst du nach Hause geschickt, und deine Eltern müssen die ganze Kur bezahlen.“ Oder „Wenn ... , dann bleibst du noch den nächsten Durchgang hier.“ Letzteres bekam ich beim (Nicht-richtig-)Essen oder Wiegen öfter zu hören. Zum Wiegen habe ich mir immer Sachen in die Schlafanzugtasche gesteckt, um schwerer zu sein. Das Essen war meistens gut. Aber es gab 2 mal Frühstück, dabei einmal immer einen Brei oder Puddingsuppe. Manche Erzieherinnen achteten darauf, wirklich alles aufzuessen, auch die Milchhaut (die ekelt mich). Vor-dem Teller-sitzen-bleiben, bis alles aufgegessen, oder aber alle am Tisch mußten den gesamten Tischdienst übernehmen.
Alle Kinder, ich war 11 und manche deutlich älter, mußten Mittagsschlaf machen. Bei Nichtschlafen drohte die Verlegung in den Schlafraum der kleinen Kinder, welcher an der Flurseite ein durchgehendes Fenster hatte und gegenüber dem Erzieherzimmer lag. Wir mittleren und die größeren hatten normale 4- oder 6-Bettzimmer. Ob man in der Schlafenszeit auf die Toilette durfte hing auch von den Erzieherinnen ab. "Du bist groß genug und kannst vorher gehen oder dich jetzt zusammenreißen. Wenn nicht, dann kannst du jetzt gehen, bekommst dann aber eine Gummihose." Da ich bei Bettenmachen bemerkt hatte, daß auf der Matratze ein großes rotes Gummituch lag (ich schämte mich deswegen, aber das war sicher in allen Betten so; und ich fand es eklig) nahm ich die Drohung ernst. Ein anderer Junge hat sogar mal aus dem Fenster gepinkelt.
Insgesamt habe ich die Kur trotzdem nicht "schrecklich" in Erinnerung.“
Wir hatten wegen der Sommerferien keinen Unterricht, den es sonst wohl gab. Dafür waren wir relativ oft draußen. Hinter dem Heim war ein Wald, Wanderungen gingen zB zu den Teufelsmühlen. Also habe ich auch positive Erinnerungen.
Auf dem Fragebogen hatte meine Mutter „schlechter Esser“ angekreuzt und so etwas wie „unruhiges“ oder „zappeliges Kind“. Beides war sicher richtig, und vielleicht nahm ich deshalb an, dass „es so sein soll“ bei einer Kur.
Das Sanatorium hatte einen Teil für Erwachsene, der Seitenflügel war für Kinder. In dem Durchgang waren Kinder im Alter von etwa 6 bis 16, nur Jungen.
War deshalb das Essen besser, als ich es hier in anderen Berichten lese? Und vielleicht konnte man mit größeren Kindern auch nicht ganz so umspringen wie mit (nur) kleinen Kindern?
Ich mag das bis heute nicht. Nach dem ersten Samstag brauchte ich auch den Grießbrei nicht zu essen. Ansonsten erinnere ich mich gerne an die langen Spaziergänge zum Goldfischteich und Muscheln suchen am herrlichen Strand. Einige Male durften wir sogar bis zum Bauchnabel in die Nordsee. Es waren schöne und unbeschwerte Zeiten die ich sehr genossen habe. Auch beim Zweiten Aufenthalt lief es ähnlich ab, mit dem kleinen Unterschied am ersten Samstag Abend, eine der Erzieherinnen hat mich erkannt und ich brauchte weder Milchreis noch Grießbrei essen. Sehr gut kann ich mich daran erinnern, dass der Seegraf Luckner, wohl schon fast 90 Jahre alt, einige Geschichten und Erlebnisse erzählt hat und zum Schluss ein dickes Telefonbuch zerrissen hat. Und ein Buch aus der umfangreichen Büchersammlung habe ich bei beiden Aufenthalten gelesen, der Titel ist mir entfallen, aber es ging um das Fliegeras Ernst Udet aus dem ersten Weltkrieg.
Wie gesagt, viele Kinder haben nachts geweint, weil sie Heimweh hatten, aber gequält wurde keiner von uns, im Gegenteil, die Erzieherinnen waren alle supernett und nicht wirklich streng.
Ende des Jahres werde ich die Insel Juist besuchen und in Erinnerungen schwelgen. Ob es den kleinen gemauerten Dorfteich noch gibt? Da durften wir die von unserem Taschengeld gekauften Schiffe fahren lassen.
Ach ja, einige Eltern haben Päckchen mit Naschkram geschickt, meine auch. Das wurde unter allen Kindern geteilt. Ich fand das damals schon okay und heute weiß ich, dass damit ein Grundstein für mein soziales Engagement gelegt wurde in Bezug auf Teilen und Verzichten.
Fall sich jemand an den kleinen rotblonden Wolfgang erinnern kann, nur zu, schreibt mir gerne. Ich werde demnächst ein paar Fotos online stellen, die muß ich nur von meiner 91jährigen Mutter holen, die kann mir sicher auch die genauen Zeiten sagen zu denen ich nach Juist verschickt wurde.
Vielen Dank an die Familie Weinrank die das Erholungsheim geleitet haben!
Zum Essen gab es sehr viel Kohlsuppen und Kohl als Gemüse auf jeden Fall immer ziemlich Fett- und Geschmacklos dafür aber oft mit Raupen Würmern und anderem Getier wenn wir die raussortierten wurden sie von den Schwestern aber überwiegend von den Nonnen wieder in das Essen gerührt und wir wurden gezwungen es aufzuessen wenn sich jemand erbrach und es landete auf dem Teller so musste Er oder Sie es trotzdem aufessen, anschließend sauber machen und zur Strafe in der Badewanne im Bad alleine schlafen.
Ein andermal war ein starkes Gewitter und wir lagen in der Liegehalle beim Mittagsschlaf als ein kalter Kugel-Blitz in das Dach des Haupthauses einschlug und auf der anderen Dachseite wieder herauskam und dann am Haus runterrollte. Die Nonnen lagen nur auf den Knien und waren beim Beten. Für uns Kinder war es aufregend, wir haben zugesehen wie alles passierte und hörten dann Schreie aus dem Haus, von den Nonnen rührte sich weiterhin keine. Da sind wir mit ein paar Kindern einfach in das Haus gelaufen, trotz der Rufe das wir in der Liegehalle bleiben und mit beten sollten. Als wir ins Dachgeschoss kamen roch es dort stark verbrannt und aus einem Zimmer kam stöhnen und weinen, als wir die Tür nach langem zögern öffneten, saß dort auf dem Metallbett Fräulein Edith, eine Helferin die wir am liebsten hatten und konnte sich nicht mehr rühren, wir sahen das ihre Haare verbrannt waren, sie war nicht ansprechbar, ein paar von uns blieben im Zimmer und ich lief mit ein paar anderen Kindern nach unten um endlich Hilfe zu holen aber die Nonnen waren immer noch beim beten. Da wir wussten das im Nachbar Kinderheim ein Arzt war liefen wir dort rüber und sagten dort was wir gesehen hatten der Arzt kam sofort mit und ließ noch einen Krankenwagen rufen weil er wohl merkte das es ernst war.Er lief ins Haus und wir mussten unten auf den Krankenwagen warten.Da endlich kamen auch die Nonnen und wollten uns wegscheuchen aber wir hatten ja einen Auftrag vom Arzt und blieben, uns wurde Strafe angedroht aber das störte uns nicht. Als dann der Krankenwagen endlich kam, das dauerte lange, ich glaube der kam immer aus Lübeck, wurde Frl. Edith ins Krankenhaus gebracht und dann kam für uns Kinder das Größte, der Arzt schrie in unserem Beisein die Nonnen an „was sie sich dabei gedacht hätten“ keine Hilfe zu holen und wollte sie wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen. Wir hatten danach noch weniger zu lachen und ob der Arzt sie wirklich angezeigt hat haben wir nie zu wissen gekriegt.Fräulein Edith aber kam nach ein paar Wochen wieder und hat sich bei uns mit einem großen Eis bedankt, blieb aber nicht mehr lange.
Aber wir mussten bleiben, mussten als evangelische Kinder an den Katholischen Gottesdiensten und an Andachten teilnehmen, hinter Weihrauch schwenkenden Messdienern? herlaufen, mir wurde immer schlecht von dem Geruch (Gestank).
Dann wurden auch noch Kinder mit Diphtherie krank und wir wurden alle untersucht ob wir uns angesteckt hätten bei mir und ein paar anderen Kindern war es der Fall aber wir waren nur Bazillenüberträger, mussten trotzdem in Quarantäne ins Kinderkrankenhaus nach Lübeck. Dort blieb ich fast 3 Monate, alle drei Tage wurde ein Nasen- und Rachenabstich gemacht oft waren die 1-2x negativ und beim 3ten wieder positiv. Dreimal negativ ist aber Vorraussetzung für die Entlassung. Meine Mutter konnte mich nur einmal im Krankenhaus besuchen, da fehlte das Geld, Nach fast 3 Monaten gab uns eine junge Schwester ein Glas Bienenhonig, den sie von einer Mutter eines Mitpatienten erhalten hatte, mit einem Zettel als „Gebrauchsanweisung“: Jeden Tag kurz vor dem Abstrich in Wasser aufgelösten Bienenhonig durch die Nase! trinken und runterschlucken und zwar alle im Zimmer, nach etwas Übung klappte es auch und siehe da, nach dem 3.ten Abstrich waren wir immer noch negativ und wurden bald darauf entlassen. Aber leider nicht wie erhofft nach Hause sondern „zur Erholung“ wieder in das Kinderheim, trotz Protestes bei den Ärzten, unsere Eltern meinten es ja nur gut mit uns! und über die Zustände im Heim wussten sie nichts trotz der Karten die wir geschrieben hatten denn die, in denen wir davon berichteten wurden von den Nonnen nicht weitergeleitet denn wie wir später erfuhren wurde unsere ganze Post gelesen und nur die ohne Hinweis auf die Zustände zur Post gegeben. Ich erfuhr das aber erst zu Hause das viele Karten nicht angekommen waren (Briefe durften wir übrigens nicht schreiben,die wurden in unserem Beisein gleich zerrissen) im Nachhinein weiß ich auch warum, es wurde damals aber nichts unternommen, das wäre heute zum Glück anders.
Ich kam zurück nach Haus und war trotz des „tollen“ Essens im Heim richtig pummelig geworden, ich hatte nicht einmal mehr sichtbare Kniescheiben, das änderte sich aber schnell durch unser Toben Zum Glück hat dieser, im Nachhinein würde ich sagen " Horroraufenhalt", keine Folgen für mich gehabt.
Ich erinnere mich, dass mich mein Opa an den Busbahnhof in Mühlhausen gebracht hat. Meine Mutter musste arbeiten. Ich habe im Bus (gefühlt) die ganze Fahrt geweint. Die Erzieherin die mitgefahren ist, war nett und tröstend zu mir. Ich habe ihr gesagt, dass ich Kopfschmerzen habe und sie hat mir erklärt, dass dies vom vielen weinen käme. Ich habe sie dann gefragt, ob sie dann auch da ist wo wir jetzt hinfahren. Sie hat es verneint und ich konnte mich kaum noch beruhigen.
Meine nächste Erinnerung ist, dass ich nachts wach werde, weil ich ins Bett gemacht habe. Ich erinnere mich an einen langen, großen, hohen Flur - ich nehme an, weil ich so klein war. Ich hatte Angst und Schamgefühle. Ich weiß, dass es nicht gut war, dass mir das passiert ist aber ich habe leider keine Bilder mehr was genau danach geschehen ist.
Eine weitere Erinnerung ist eine Art Klassenraum in dem wir, glaube ich, die Karten bemalen sollten, die die Erzieherinnen geschrieben haben. Diese Karten gab es auch noch lange Zeit bei meiner Mutter. allerdings kann sie außer der beiden Fotos keine weiteren Unterlagen mehr finden.
Ich hatte/habe in meinem Leben mit erhebliche psychische Beeinträchtigungen zu kämpfen, wie z.B Ängste, Unsicherheiten und Depressionen. Ich bin insgesamt seit über 10 Jahren in therapeutischer/ psychoanalytischer Behandlung. Da aber auch noch andere Faktoren in meinem Leben nicht so optimal waren, gehe ich davon aus, dass nicht alle Schwierigkeiten in meinem Leben im Zusammenhang mit der Kur stehen. Wenn ich jedoch die Berichte hier lese, denke ich, dass auch dies vermutlich keine guter Ort für mich war. Leider kann ich mich kaum erinnern. Etwas Hoffnung, dass es vielleicht nicht ganz so schlimm gewesen sein könnte, habe ich, weil ich zum einen verhältnismäßig spät (1986) dort war und ich zum anderen bisher noch keine Berichte über diese Einrichtung hier gefunden habe.
Vielleicht erkennt sich hier jemand auf dem Gruppenbild, welches ich hochgeladen habe.
Liebe Grüße
Ich selber bin mit 6 Jahren verschickt worden.Ich hatte Kinderasthma laut meinen Eltern.
Ich habe wenig Erinnerung an all DAS...Aber das wenige verfolgt mich schon seidem das ganze Leben.
Ich habe Anfang diese Jahres ein Bericht gesehen im Fernsehen über Verschickungskinder ,und war gefesselt.
Ich durchlebte viele Gefühle...über Gänsehaut ..weinen..Angst ..Zorn ..Hilflosigkeit..und endlich war ich mit meinem erlebten nicht mehr alleine..denn Zuhause wurde vieles nicht geglaubt oder verharmlost.
Das Kurhaus war in Braunlage/ Harz. Ich kann mich aber nicht daran erinnern wie der Name war..Als damals 6 jährige fühlte ich mich alleine gelassen..ausgeliefert..wir schliefen mit mehreren Kindern im Zimmer...das Nachts abgeschlossen wurde..es haben viele geweint..Ich hatte ein Teddibär mit bekommen den hielt ich im Arm und weinte heimlich leise in ihm rein....um so schlimmer war es als Kinder versuchten ihn mir zu nehmen und dabei ein Bein rausrissen..Das Gefühl kommt gerade wieder hoch und ich muss schlucken...Es wurde mir was genommen..zerstört was mir Dort Halt gab..
Die Pakete die von Zuhause kamen wurden im Gemeinschaftsraum geöffnet und der Inhalt an alle Kinder verteilt..Ich bekam auch eins und kann die Bilder noch vor mir sehen...Es wurde aufgemacht und ich sah Haare von einer Puppe...Ich sprang nach vorne habe sie mir geschnappt und sie an mich gedückt und gesagt ..das ist meine und bin damit in mein Zimmer gerannt..
Diese Puppe habe ich noch Heute..zur Zeit aber auf dem Dachboden...Kinder in unserem Schlafzimmer wurden in einem kleinem dunklem Raum gesteckt wenn sie sich nicht an den Regeln gehalten haben.
Ich bin mir nicht ganz sicher..aber es gab auch Züchtigungen ..diese aber nach meiner Erinnerungen ..ehr an grössere Kinder..die auch mal wagten ein nein auszusprechen..
Gab es so einen Vorfall ..wurden wir kleinen Kinder weggeschickt und hörten so nur Schreie und ich würde sagen Schläge, und das besagte Kind wurde den ganzen Tag nicht gesehen.
Reden durften wir nicht darüber..denn dann wären wir auch dahin gekommen und man lies durchblicken das es dort wo man dann hinkommt nicht schön war.
Das was es zu Essen gab muste man auch aufessen..Einmal gab es Schmalz auf Zwieback zum Frühstück..ich mochte es nicht und habe es verweigert .
Ich muste davor sitzen bleiben bis ich es aufesse..
Ich sahs Nachmittags noch alleine davor . Zu Mittag gab es für die anderen den Mittagstisch ...Ein Junge neben mir hatte wohl ein einsehen...ein schneller Griff als die Aufseherin nicht hinsah und der Zwieback war in seinem Mund..
Wenn ich heute nur Schmalz rieche wird mir schlecht.
Wir musten uns auch selber anziehen...Wir hatten einen Schrank worauf unsere Nummer war..Alles was zu mir gehörte muste vorher von meiner Mutter mit einer Nummer versehen werden..In den Kleidungsstücken genäht und an Bechern oder Zahnbürste geklebt.
Es hat keinem gekümmert was man anzog oder klar kam mit den Sachen...Ich hatte laut meiner Mutter wohl immer das gleiche an weil es wenige Sachen gab die sehrrr deckig waren und die anderen unberührt.
Ich hatte ein neues Kleid extra für die Kur bekommen..das trug ich als es nach Hause ging.
Ich habe wohl einiges verdrängt..aber ich reagiere auf einige Sachen sehr heftig und weis das kommt aus dieser Zeit..
Ich denke da kommt noch so einiges an Tageslicht..
So reagiere ich auch sehr auf Nonnen..Ich fühle mich sehr unwohl wenn ich sie sehe.
Verlust ist auch ein grosses Thema..und nicht gut genug zu sein.
Als es im Zug nach Hause ging, hielt er nicht sofort , sondern rollte noch mal an..Da bin ich histerisch geworden weil ich meine Eltern kurz vorher am Gleis hab stehen sehen .Es kam da so vieles hoch.
Ich hatte Panik das es wieder zurück ging. Ich fühlte mich verraten..alleine gelassen..verloren.
Und das man darüber nicht reden konnte machte es nicht besser.
Und was ich als sehr schlimm pfand, war das meine Eltern sagten wenn ich was nicht richtig gemacht hatte..
Wenn du nicht lieb bist kommst du wieder zur Kur.
Wie ich gerade bemerke kommt da so einiges an die Oberfläche..
Da ist es für mich hilfreich zu sehen ,ich bin nicht alleine und ich habe mir nichts eingebildet oder erfunden.
1) Ich gehörte der Eichhörnchen Gruppe an. Im Flur hatte ich ein Fach, wo meine Sachen drin waren.
2) Wir schliefen in Gitterbetten in einem großen Schlafsaal auch mit größeren Kindern. Wir bekamen vor dem Einschlafen ein Betthupferl aus einer Dose, die in der Ecke auf einem Tisch stand. Einige Mädchen stahlen daraus Bonbons. Das wurde entdeckt und weil sie sich nicht gestellt haben und niemand sie verraten hat, bekamen wir kollektiv Schläge dafür. Dafür beugte sich die Frau in mein Gitterbett und haute mich.
3) Ich hasste auch schon vor der Kur gekochtes Essen. Ich erinnere mich, dass es morgens für jeden nur eine Scheibe Brot mit Nutella oder so gab. Ich bin davon nicht satt geworden. Dafür haben sie mich mal gezwungen, Linsensuppe aufzuessen. Die Frau blieb neben mir sitzen solange bis mein Teller leer war. Furchtbar für mich. Eintopf war für mich das schlimmste. Alle Kinder durften den Saal verlassen. Ich musste sitzen bleiben mit der Frau an meiner Seite.
4) Einmal gingen wir in Zweierreihen die Treppen hoch. Von oben kam eine Frau, die mein Stofftier in der Hand hatte. Ich musste es wo verloren haben. Sie hat gefragt, wem das gehört. Und ich habe mich getraut aufzuzeigen, weil ich nicht wollte, dass mich jemand ansieht, dass ich auffalle. Ich wusste gleichzeitig, dass das Tierchen für immer verloren ist, wenn ich mich nicht melde. Aber ich konnte nicht.
4) Einmal gingen wir Muscheln sammeln. Ich bekam eine kleine Plastiktüte in die Hand gedrückt, wo ich die Muscheln rein tun konnte. Es gibt ein Foto von mir am Strand, ich habe dabei den Kopf ganz dicht am Boden, man sieht mein Gesicht nicht. Ich erinnere mich, dass ich es am Strand sehr schön fand, aber ich war total alleine, hatte keinen Kontakt mit irgendwem.
Ich habe versucht, hier sachlich zu schreiben. Und nicht meine ganzen Gefühle dazu zu mischen. Insgesamt kann ich sagen: ich war sicher hinterher eine andere. Und ich glaube, meine Mutter hat bis heute ein schlechtes Gewissen. Ich traue sie nichts dazu zu fragen, weil ich Angst habe, sie damit zu belasten.
Einsamkeit, alles alleine wuppen zu wollen, Vertrauensprobleme und extreme Verspannungen begleiten mich bis heute und sind nachweislich darauf zurück zu führen. Ich bin ganz sicher davon traumatisiert und bin aber erst jetzt und auch immer noch dabei, mir das zuzugestehen.
Absolut eingebrannt hat sich bei mir, dass wir Kinder ganz oft für eine Weile im Kreis um eine Art Rotlichtlampe herumgehen mussten. Der Raum war dabei dunkel und es roch ganz eigenartig durch das erzeugte Licht und die abgestrahlte Wärme. Wir hatten nur die Unterhose an. Vielleicht waren wir auch ganz nackt, aber da bin ich nicht mehr sicher.
Wir haben viel gemalt, gebastelt und ich habe der Erzieherin diktiert, was sie meiner Mutter auf die Postkarte schreiben soll, die ich schicken durfte. Ich selbst habe auch Post bekommen.
Ich erinnere mich an Gitterbetten. Ich glaube, unter den Betten standen Pinkelpötte für die Nacht. Ich habe das Gitter von meinem Bett nachts runtergemacht oder bin drüber geklettert, wenn ich pinkeln musste.
Ich sehe eine großen Essensaal vor mir mit vielen Gruppentischen. Ich saß an einem Vierertisch. Einmal gab es einen Vorfall: ein Kind hatte in der Toilette mit Fäkalien die Wand beschmiert. Alle Kinder saßen im großen Essenraum und warteten auf das Essen, aber eine erboste Erzieherin rief durch den Saal, dass es erst etwas zu essen geben würde, wenn der Wandbeschmierer sich melden würde. Es hat sich endlos lange Minuten niemand gemeldet und es war totenstill - und dann hab ich mich gemeldet, obwohl ich es nicht war! Aber ich wollte wohl, dass die Warterei ein Ende hatte. Anders kann ich mir das nicht erklären. Ich musste dann die beschmierte Wand sauber putzen, während die anderen Kinder essen durften. Danach durfte ich dann auch wieder in den Saal zurück und wurde böse von den anderen Kindern angesehen, sodass ich dann noch geweint habe.
Ich erinnere mich an Zwillingsjungs und an eine sehr große Treppe, die vom Haus in den Garten führte. Wir waren viel draußen spielen.
Wieder zurück zu Hause habe ich für einige Zeit angefangen zu stottern. Das war vor der Kur nicht so. Aber was bis heute noch ist: ich habe mich nie mehr mit meiner Mutter wirklich verbunden gefühlt. Das muss nicht unbedingt an der Kur gelegen haben (ich war auch schon mit 8 Lebenswochen Krippenkind, was sicherlich auch zu einer gestörten Bindung beigetragen hat).
Ich erinnere mich nicht an schlimme Vorfälle, aber wenn ich an die Kur denke, geht es mir nicht gut dabei, denn Einsamkeit und das lange Getrenntsein von der Familie habe ich als etwas ganz Schreckliches erlebt. Ich habe bis heute Probleme, mich an Menschen zu binden und zu vertrauen.
Wer war noch in Pomßen? Würde mich über andere Erinnerungen freuen.
Schlägen als Strafe für was auch immer habe ich in den drei Verschickungen erlebt. Mit fünf Jahren die erste. An den eigentlichen Aufenthalt erinnere ich nur einzelne Szenen wie Teller in die Küche tragen, Milchsuppe und Griesbrei und das furchtbare Verlassensein. Trost spendete mir nur der vertraute Geruch der Niveacreme, die mir meine Mutter eingepackt hatte. Mittagsschlaf , still sein und letztlich brav sein - was anderes blieb einem nicht übrig mit fünf Jahren.
Das wirklich Schlimme war der dramatische Abschied am Bahnhof Altona im Zug. Plötzlich begriff ich, dass ich jetzt alleine mit den Fremden Tanten und Kindern wegfahren musste. Schreie wie am Spiess und wehre mich mit Händen Füßen. Vater steht hinter meiner Mutter und dippert, sie soll jetzt kommen - aber auch sie kann sich nicht trennen. Plötzlich fährt der Zug los und beide stürzen aus dem Abteil und springen auf die Gleise aus dem fahrenden Zug. Ab da hab ich keine Erinnerung mehr an den Aufenthalt dort. Die chaotische Szene mit dem Sprung vom Zug erzählte mir meine Mutter erst, als ich erwachsen war.
Vor zwei Jahren hatte ich dann aus scheinbar heiterem Hinmel eine schlimme Panikattacke während einer Zugfahrt in Hamburg, sodass ich den Krankenwagen rufen musste. Während der Fahrt überfiel mich das Bild des chaotischen Abschieds von damals und ich sehe mich ohnmächtig zu Boden fallen mit schrecklichen Todesängsten.
Im Krankenhaus alle Untersuchungen gemacht ohne Befund mit dem Hinweis darauf, dass es eine Panikattacke/Angststörung und Depression gewesen sein könnte......
Was genau der Trigger war, weiß ich nicht genau - ganz sicher aber weiß ich, dass man Kindern so etwas nicht antun darf !
Nach sechs Wochen erkannte ich meine Eltern nicht wieder - ich war sehr verwirrt
danach. Die ganze Familie mit Schwiegereltern stand da am Bahnsteig und ich erkannte dann meine Oma an der lauten Stimme und ihr erster Satz war: „Wie sieht sie denn aus, sie hat ja alles falsch herum an ! „ Sechs Wochen sind für ein kleines Kind eine äonenlange Zeit.
Meine zweite Erfahrung war schon mit neun Jahren etwas bewusster im Erleben.
In Kellenhusen war es eigentlich nicht schlimm im Sinne von Misshandlungen und Einschüchterungen o.ä.
Es gab nur so unendlich lange Gewaltmärsche auf dem Deich entlang in so eine unendliche Leere hinein. Es kam mir so furchtbar sinnlos vor, ich verlor jeglichen Orientierungssinn - und das ist bis heute so geblieben. Dazu - trotz aller Freundlichkeit der Betreuerinnen - kam dieses trostlose elende Verlassenheitsgefühl, was mich meistens beim Essen überfiel und es mir Angst und bange wurde, sodass ich kurz vor einem Ohnmachtsanfall stand. Die Tante sah mich bleich werden und ging mit mir aus dem Saal, war sehr bemüht, aber ich wusste nicht, was mit mir los war und sie letztlich auch nicht.
Ich erinnere mich auch an nette Kreis-und Volkstänze Mädchen und Jungs gemischt
- das waren Glücksmomente. Aber letztlich fühlte ich mich verloren und konnte mich nur daran orientieren, dass
ES bald vorbei sei. Keine Erinnerungen an die Rückfahrt und Ankunft, ausser dass ich den Anschluss in der Schule nur schwer wieder bekam. Sinnigerweise musste ich außerhalb der Ferien ins Kurheim .....
So geschehen auch bei der dritten Reise ins Ungewisse mit dann 12 Jahren.
Immerhin war ein etwas älteres Mädchen aus meinem Dorf auch im Zug, die mir aber aus Überlegenheit nicht zugetan war und mich dort auf Sylt regelmässig in Pfanne haute vor den anderen Mädchen.
Die Frauen dort waren burschikose Erscheinungen und es herrschte eine
kontrollierte Stimmung unter der Knute einer Art Flintenweib-Heimleitung, die wahrscheinlich aus der Nazizeit mit herübergeschwappt war.
Auch hier endlose Märsche am Strand, deren Sinn ich überhaupt nicht erfasste, ausser dass ich ES nur zu tun hatte.
Bastel- und Malnachmittage ganz schön, turnen und Ballspielen, und Anekdotenerzählungen vor den Mädchen von dem Flintenweib, welches sich immer toll vorkam und so versuchte, sich anzubiedern bei uns. Einmal verstieg ich mich, sie nachzuäffen und schon war es aus mit witzig und sie klatschte mir eine saftige Ohrfeige.....
Dann wieder kleine Theaterspiele und Singen im Chor. Merkwürdige ärztliche
Untersuchungen mit ganz nackt ausziehen vor dem Flintenweib, hinlegen auf die Liege, wo mir die Beine weit auseinander gespreizt wurden( ? )....
Dabei Getuschel zwischen Ärztin und Flintenweib - man selbst war nur ein Objekt für die, alles beklemmend und beschämend für mich. Briefe schreiben nach Hause : Irgendwann schrieb ich dann an meine Grosskusine, mit der Bitte
sie möge meinet Mutter ausrichten, mir doch endlich mal zu schreiben - womit ich mir gleich nach der Rückkehr einen wütenden Rüffel seitens meiner Mutter einfing. Nichts mit liebevoller Begrüßung und in den Arm nehmen. Grad aus dem Zug gestiegen wollte ich mich meinem Vater in die Arme werfen und er sagt nur:
„ Alter Indianer kennt keinen Schmerz“ !
So taumelte man dann in den Schulalltag zurück und versuchte, wieder Boden unter die Füsse zu bekommen.
Ich weiß nur heute, dass ich ab da immer das Gefühl hatte, ich „gehöre irgendwie nicht dazu!“
Oder so merkwürdige Momente von Realitätsverlust und Orientierungslosigkeit von einem Moment auf den anderen.
Z. B. während der Autofahrt weiss ich plötzlich nicht mehr, wo ich bin und wohin es geht. Das ist jetzt nach über sechzig Jahren zwar nicht mehr so, ich schreibe es aber diesen Erfahrungen im Heim zu.
Das Verlassensein war das Schlimmste.
Also liebe Leute da draussen, was können wir tun nach diesen Erlebnissen ?
Ich versuche, meinem inneren verletzten Kind immer wieder zu sagen, dass es keine Schuld hat und es im Geiste in den Arm zu nehmen und so lange zu warten, bis es den Trost annehmen kann.
Es dauert und es tut weh, zu sehen WIE LANGE es dauert ! Liebe Menschen da draussen, es gibt aber etwas in einem, was heil geblieben ist. Ein Fünkchen Liebe
ist noch da - den müssen wir hegen und pflegen und lieben wie ein kleines Baby...
Das Erlebte bleibt und lässt sich nicht weg wischen - aber der Funke bleibt auch, sonst könnten wir nicht leben.
Bei mir 1. Kinderkur im Harz im Winter 1963 ,mit 4 Jahren,
Kleines zu dünnes Mädchen alleine in die Bahn in Winterkur geschickt. Weinende Mama, aber ich selbst neugierig. Hausarzt sagte geht nicht anders "Kind muß dicker werden sonst nicht in die Schule mit 6 Jahren". Arzthelferin sehr nett, würde als Begleitung/ Betreuung der Kinder mit reisen,
Erinnerungen an diese liebe junge blonde Frau, das einzig gute. Einsam , weinend in den Nächten. Eingenässt ohne Hilfe am Morgen. Keine Hilfe bei Kleiderwahl. Dann immer nasse Wäsche an Heizkörper in der Nacht gelegt, morgens angezogen. Trotz Koffer voll Wäsche , nur gleiche Unterwäsche an. Zum Glück den geliebten Teddy dabei, und kleines Bild von Mama und Papa. Essen furchtbar :vorne an der Essenausgabe vor essen, bei Ekel mit Quarkgericht immer erbrochen, in nebenstehenden Eimer. und Zwang zum weiteressen. Bin nach 6 Wochen mit dick entzündeten Lippen heimgekommen. Ständig Angst alleine zu sein. Mutter geweint, alles geglaubt und versucht Anzeige zu machen. Hatte aber leider 1 Pfund zugenommen, deshalb keine Chance.
Kur 2 im Antoniusheim Niendorf, Timmendorfer Strand Ostsee. ca. 1965. Tatsächlich mein Mann auch dort gewesen wegen Bronchitis und Untergewicht. ca . gleichen Zeitraum
Beide bis heute Unwohlsein wenn wir Nonnen sehen. -dort gleiche <Maßreglungen bei Essensverweigerung oder unerlaubten Reden. An den Ohren hochgezogen bis zum Kopf der Nonne. Einzelstrafen ins Bett geschickt auch tagsüber. Wir waren vor 2 Jahren dort in der Nähe im Urlaub. Haben nach dem Heim gefragt. Heute ein Kinderheim. Hatten beide beklemmendes Gefühl, als eine Nonne auf den Strand lief der abgesperrt war. Sind wie die Kinder mit Dackel und Setterhund noch bis zum öffentlichen Bereich gelaufen. Sie hat uns nicht gekriegt ( Ha Ha) wenn es nicht so traurig wäre. Eine Dame die wir trafen , sagte das noch viele nach dem Heim fragen und wir nicht die einzigen mit schlechten Erfahrungen nachfragten.
Fazit ; Die Essstörungen bei mir haben mit ca mit 30 Jahren aufgehört. Die Angst alleine in einer Wohnung zu sein, erst als ich Hunde hatte. Mein Mann, hat die Nonnen so gehasst, das er bis heute nicht an Gott glauben kann. l.G Michaela
Ich habe die Heimleitung als drakonisch und streng erlebt; die Aufenthalte waren wenig freudvoll und von Verboten, Regeln und willkürlichen Bevorzugungen geprägt. Kindgerechte Aktivitäten sind mir nicht in Erinnerung geblieben. Stattdessen mussten wir Gartenarbeiten verrichten, etwa stundenlang Obst ernten, insbesondere Stachelbeeren. Die jüngeren Betreuerinnen - heute würde ich sie für Studentinnen halten - waren im Prinzip freundlich, tonangebend war aber die Heimleitung und sie mussten sich fügen und etwa Bestrafungen umsetzen, selbst wenn sie sie für überzogen oder unangebracht hielten.
Das Essen war grauenhaft und bestand oft aus dem, was im Garten geerntet wurde - Pflaumensuppe mit Backerbsen oder eingekochte Birnen aus dem Vorjahr. Es musste aufgegessen werden. Ich mochte etwa bestimmte Dinge - etwa Birnen - nicht und musste dann stundenlang alleine im Speiseraum sitzen und durfte nicht aufstehen, bevor ich nicht aufgegessen hätte. Meiner Schwester, die mich im letzten Jahr begleitete, erging es genauso. Wir aber waren willensstärker, aßen nicht und saßen stundenlang allein vor unseren Tellern. Wir wurden dann irgendwann von einer mitfühlenden Betreuerin erlöst; mussten dann aber Gartenarbeit leisten. Die älteren Kinder (Jungen) genossen Privilegien; freunde habe ich dort nicht gefunden.
Man musste sehr früh zu Bett - gegen 18.00 Uhr - durfte dann nicht mehr aufstehen. Selbst ein Toilettengang war dann mit Angst verbunden. Karten nach Hause wurden kontrolliert bzw. es wurde vorgeschrieben, worüber man schreiben sollte. Ich habe keine positiven Erinnerungen an diese Zeit.
Ich glaube, mein Urvertrauen in Menschen ist bei diesem Aufenthalt stark angegriffen worden. Mir war es immer wichtig, nie mehr ausgeliefert zu sein, auch nicht in einer Ehe oder als Mutter (Jahrg. 52, d.h. in meiner Zeit gab es kaum Kitas, und das Rollenbild war noch immer das der abhängigen Hausfrau).
Zum Glück währte dieses schreckliche, prägende Erlebnis nur 4 Wochen und blieb ein einzelner Vorgang. Aber auch heute, mit 68 Jahren, sind mir die Erlebnisse und die Angst noch vor Augen. Wie schrecklich für Verschickungskinder, die jahrelang ausgeliefert waren!
MfG
Renate Langewiesche
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